Fokusgruppe 5: Vernetztes Kompetenzmanagement

Kompetenzen sind personengebundene Fähigkeiten und Fertigkeiten, mit denen Aufgabenanforderungen in Leistungskontexten, für die hier der Arbeitsplatz steht, bewältigt werden können. Sie gehen deutlich über Wissen hinaus und reichen von explizit formulierten Sach- bis hin zu impliziten Handlungs- und Reflexionsfertigkeiten. Kompetent zu sein bedeutet, sich in Leistungskontexten erfolgreich einbringen zu können. Aus betrieblicher Sicht lassen sich solche Kompetenzen steuern, beeinflussen und planen: Bezogen auf eine spezifische Stelle sind unterschiedliche Mengen an Kompetenzen zuzuordnen, können einzelne Kompetenzen entwickelt oder auch proaktiv für zukünftige Verwendungen geplant werden.

Als äußerst kritisch hat sich in den letzten Jahren die traditionelle Vorstellung einer dauerhaften Verbindung von stellenbezogenen Aufgabenanforderungen und personengebundenen Kompetenzen erwiesen. Unter dem Eindruck zunehmender Flexibilitätserfordernisse, exponentiell wachsenden Technikeinsatzes, zunehmender Volatilität von Auftragslagen und demografiebedingten Verschiebungen der Altersstrukturen entwickelte sich die Vorstellung einer hoch dynamischen Anpassung von betrieblichen Anforderungen und dazu korrespondierenden Kompetenzen. Einzelne Kompetenzen werden bei Einführung neuer Produktionstechnologien schlagartig obsolet, gänzlich neue Kompetenzen müssen in kürzester Zeit erworben werden. Vor diesem Hintergrund sehen sich viele Unternehmen dazu gezwungen, ihr betriebliches Kompetenzmanagement neu auszurichten: gesucht wird nach Wegen und Werkzeugen, schnell und vorausschauend Kompetenzdefizite jeglicher Art zu erkennen und entstandene und prognostizierte Lücken durch geeignete Qualifizierungsangebote zu schließen. Darüber hinaus muss nach Lösungen Ausschau gehalten werden, wie Kompetenzen möglichst passgenau auf ganz spezifische Veränderungen der Anforderungen zugeschnitten und betriebsnah oder gar integriert in den laufenden Arbeitsprozess vermittelt werden können. 

Es ist eine keineswegs triviale Aufgabe, bestehende Anforderungen und Kompetenzen innerhalb eines Unternehmens handlungsnah zu analysieren und zu beschreiben, geschweige denn zukünftige betriebliche Anforderungen zu prognostizieren und erforderliche Fertigkeiten zu bestimmen. Zweifelsohne werden zukünftig noch mehr Kompetenzen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Sensorik erforderlich sein, allerdings dürfte sich die Nachfrage nach praxisnahen, konkreten Fertigkeiten und Fähigkeiten in diesem Bereich von Organisation zu Organisation sehr unterscheiden. Ein in Ansätzen bereits erprobter Weg, die Komplexität dieser Aufgabe zu bewältigen, liegt in einem vernetzten Kompetenzmanagement. Durch die Vernetzung wird eine Verbindung zu ausgewählten (organisationsinternen oder -externen) Partnern geschaffen, seien es Kunden, Lieferanten, Hersteller, Behörden, Bildungseinrichtungen oder gar Wettbewerber, die aktuell und voraussichtlich auch in Zukunft miteinander kollaborieren. Auf diese Weise wird für jeden Verbundpartner erkennbar, welche z.B. neuen Technologien oder Werkzeuge in anderen Bereichen bereits erprobt und genutzt werden, welche veränderten Materialien zum Einsatz kommen und wie etwa die Schnittstelle zwischen Anlieferung und Einlagerung gestaltet wird. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich dann strategische und operative Anpassungserfordernisse für Umstellungen im eigenen Bereich sowie für entsprechende Kompetenzen ableiten. Solche Vernetzungen bilden damit die Basis sowohl  struktureller Veränderungen in Organisationen als auch neuer Produkte und veränderter Prozesse.

Eine vernetzte Kompetenzentwicklung  geht davon aus, dass alle Partner ganz unterschiedliche Zuschnitte von Anforderungen und korrespondierenden Kompetenzen aufweisen und sich in einzelnen Komponenten ihrer Geschäftsprozesse etwa hinsichtlich des Technikeinsatzes von Partnern unterscheiden, also bereits mehr oder weniger fortgeschritten und effizient produzieren oder dienstleisten. In diesem Sinne ist jeder einzelne Partner in der Lage, seine erfolgreich gestalteten Verfahrensweisen, Gestaltungen und Lerninhalte in ein zentrales System einzubringen. Gleichzeitig hat jeder Partner (aber auch jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin) die Möglichkeit, für ihn oder sie hilfreiche Angebote aus diesem Netz abzurufen, um die eigenen Schwachstellen angehen zu können. Im zentralen Knoten des Netzwerks kommt es damit zu einem vielfachen Austausch: der Logistiker im Netz bietet seine positiven Gestaltungs- und Ausbildungserfahrungen im Bereich des Einsatzes von RFID-Funktechnik an und der Warenproduzent nutzt diese Erfahrungen, um seinen Bereich der Lagerung neu zu strukturieren. Umgekehrt liefert der Warenproduzent positive Gestaltungserfahrungen im Bereich des Einsatzes neuer Spritztechniken an, die vom Maschinenbauer für die Neugestaltung von Spritzanlagen verwendet werden. Durch Austausch entsteht für jeden Partner ein Innovationsanreiz und damit ein ganz spezifischer Mehrwert. Drei Aspekte verdienen Erwähnung: 

In diesem Austausch werden Kompetenzen in modularisierten Einheiten vermittelt. Kompetenz wird hier einerseits auf spezifische Fertigkeiten eingeengt, wie sie in einem mehr oder weniger detailliert dargestellten Produktions- oder Dienstleistungsausschnitt erforderlich sind. Andererseits werden damit aber auch implizites Wissen und für selbstverständlich gehaltene Erfahrungen angesprochen. Der Umfang der Lerninhalte ist dadurch einerseits stark reduziert, andererseits aber auch auf generische Anforderung z.B. in der Metall- und Elektroindustrie bezogen. Kompetenz kann folglich als eine dynamisch strukturierte Konfiguration von in modularen Einheiten vermittelten spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden werden. Dabei wird zu prüfen sein, welche Informationsmedien (z.B. Texte, Vorträge, Filme) besonders geeignet sind, wie die Auswahl der Lerneinheiten unterstützt und wie ein Nachweis über den Kompetenzerwerb geführt werden kann. 

Der überbetriebliche Austausch von Kompetenzen erfordert Organisation. Diese betrifft zum einen die Schaffung einer zentralen Einrichtung, etwa eine Tauschbörse oder eine offene Marktstruktur, in die zugangsberechtigte Partner Angebote einstellen und auch abrufen können. Dies geschieht traditionell über einen lokalen Treffpunkt, im Zeitalter der Digitalisierung jedoch vornehmlich über elektronische Plattformen, die im Verbund mit Applikationen und mobilen Endgeräten genutzt werden. Die Organisation betrifft zudem die Zugriffs- und Nutzungsregeln sowie die Rechte zur Einstellung und zum Abruf von Information.

Der Zugriff auf Information wird zukünftig verstärkt über digitalisierte Medien stattfinden. Dies bedeutet – viel ausgeprägter als bei der Arbeit - vor allem eine Entörtlichung und Entzeitlichung von Fortbildung: Personen versammeln sich nicht mehr an vorgegebenen Orten zu bestimmten Zeitpunkten, sondern das Angebot steht jederzeit bereit, es kann von beliebigen Orten und zu beliebigen Zeiten abgerufen werden. Kompetenzerwerb erfolgt in Selbstorganisation. Die Digitalisierung schafft zudem eine günstige Voraussetzung dafür, den Kompetenzerwerb in Gemeinschaften am Arbeitsort zu betreiben und ihn auch in betriebliche Workshops oder KVP-Aktivitäten einzubauen.

Die Vernetzung bietet den teilnehmenden betrieblichen Partnern den Vorteil, die eigene Entwicklung gezielt vorantreiben und zugleich die Schnittstellen zu Partnern besser gestalten und aufeinander abstimmen zu können.  Gleichzeitig darf aber nicht verkannt werden, dass mit einer solchen Öffnung gegenüber den Partnern erhebliche organisatorische Risiken verbunden sind. Öffnung bedeutet, zumindest in Teilen die Struktur von aktuellen Geschäftsprozessen aufzudecken und eigene Stärken und Schwächen transparent zu machen. Das setzt auch in einem gewollten Zusammenschluss der Partner viel Vertrauen voraus. Vergleichbar sind auch die individuellen Nutzer datenschutzrechtlichen Risiken ausgesetzt, zumal ihr Lernverhalten völlig transparent gemacht wird. Vertrauen bildet eine wichtige Voraussetzung des vernetzten Kompetenzmanagements.

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